Auf Grund der engen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen durch die Haushaltssicherung plante die Gemeinde Engelskirchen die vollständige Sanierung des Gymnasiums in kleineren Bauabschnitten über neun Jahre. Eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung zeigte jedoch, dass sowohl die Sanierung für einzelne Gebäudeteile als auch die lange Bauzeit in der Gesamtbetrachtung unwirtschaftlich sind.
Mit Zustimmung der Kommunalaufsicht und der Bezirksregierung wurde daher die Gesamtmaßnahme ausgeschrieben und ein Teilneubau in die Aufgabenstellung integriert, der neben den erforderlichen Unterrichts- und Sportmöglichkeiten auch ein zentrales Schulforum und Räume zur Ganztagesbetreuung schafft.
Die langfristige Erhaltung der Gebäude wird für 30 Jahre durch die Vergabe der Instandhaltungs- und Reinigungsleistungen an den privaten Partner sichergestellt.
Beauftragte Leistungsschwerpunkte:
Strategische Beratung, Ausschreibungsmanagement
Öffentlicher Auftraggeber:
Gemeinde Engelskirchen
Nutzungsfläche (NUF):
2.566 m² (Neubau)
3.166 m² (Sanierung)
Leistungsumfang der VBD:
vorläufige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, Erstellen der Vergabeunterlagen einschließlich funktionaler Leistungsbeschreibungen für Planen, Bau und Gebäudemanagement, wirtschaftliche und technische Auswertung der Angebote, abschließende Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, Controlling
Besonderheiten:
Im Verhandlungsverfahren brachten die Bieter wirtschaftliche Nebenangebote ein, die statt einer Turnhallensanierung einen Neubau ermöglichten.
Als seit 1993 in der Haushaltssicherung befindliche Kommune hatte die oberbergische Gemeinde Engelskirchen in den vergangenen Jahrzehnten des Öfteren wichtige Investitionen in die kommunale Infrastruktur zurückstellen müssen.
Dies betraf auch das Aggertal-Gymnasium mit einer Bausubstanz, die in wesentlichen Teilen aus den Jahren 1965 bis 1975 stammte. Anforderungen eines zeitgemäßen Unterrichtes, Barrierefreiheit, Flächen für ein Ganztagsbetreuungsangebot oder die Behebung energetischer Mängel ließen den Instandsetzungsstau immer weiter anwachsen.
Seit Ende 2008 hatte der aus Vertretern der Verwaltung und der Schulfamilie bestehende Arbeitskreis „Schulleben“ die Defizite erfasst und bewertet. Im Ergebnis beliefen sich die ermittelten Kosten für Sanierungs- und Erweiterungsmaßnahmen in 2009 auf rund 15,7 Mio. Euro.
Gespräche mit den Kommunalaufsichtsbehörden des Kreises und der Bezirksregierung Köln brachten die ernüchternde Erkenntnis, dass der Gemeinde aufgrund der Haushaltssituation lediglich zwei Optionen offen stehen:
Die zweite Option kommentierte der damalige Schulleiter mit den Worten „Das ist der Tod der Schule!“.
Das Dilemma der Gemeinde erkennend empfahl die Kommunalaufsicht bei der Bezirksregierung Köln die Prüfung, ob nicht eine Gesamtvergabe [alt. ÖPP-Realisierung] eine dritte und wirtschaftlichere Option darstelle.
Die Empfehlung dankbar aufgreifend beauftragte die Gemeinde die VBD mit der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung. Im Zuge dieser Untersuchung wurden die seitens des Arbeitskreises erarbeiteten Maßnahmen ebenso wie die verschiedenen Handlungsoptionen eingehend untersucht.
Aufgrund der übergebenen Unterlagen und Vor-Ort-Begehungen stellte sich bereits kurz nach Beauftragung heraus, dass eine Sanierung der ältesten Gebäudeteile (Aula und Altbau) aus den 60er Jahren teurer als deren Abriss und Neubau wäre.
In enger Abstimmung mit der Kommunalaufsicht wurden 3 zu untersuchende Varianten definiert:
Im Ergebnis zeigte sich, dass weder ein Unterlassen der Baumaßnahmen – denn nichts anderes bedeutete die Beibehaltung der bisherigen Instandhaltungsstrategie – noch das Strecken der Baumaßnahmen technisch und wirtschaftlich sinnvoll sind. Aus pädagogischer und schulorganisatorischer Sicht überwogen ebenfalls die Vorteile einer Gesamtvergabe.
Nach einer intensiven Prüfung durch die Kommunalaufsicht und dem Nachweis der Notwendigkeit der durchzuführenden Maßnahmen – teilweise unter Heranziehung normativer Bestimmungen – signalisierte die Kommunalaufsicht im April 2012 ihre Zustimmung für die Ausschreibung einer Gesamtvergabe.
Eine Forderung der Kommunalaufsicht war jedoch, dass Gegenstand der Ausschreibung nicht nur die Gesamtvergabe der Baumaßnahmen, sondern auch eine werterhaltende Instandhaltung der Schule wird.
Unter Berücksichtigung der politischen, wirtschaftlichen und haushaltsrechtlichen Rahmenbedingungen erfolgte Anfang Januar 2013 die europaweite Veröffentlichung des Teilnahmewettbewerbs. Gegenstand der Ausschreibung waren Planung, Sanierung, Abriss, Teilneubau, Instandhaltung und Bauzwischenfinanzierung des Aggertal-Gymnasiums.
Aus dem großen Bewerberkreis wurden 7 Bieter zur Angebotsabgabe aufgefordert, die fristgerecht im Juni 2013 ihre Angebote bestehend aus einer Entwurfsplanung mit verbindlichen Pauschalfestpreisen einreichten.
Im Zuge der Angebotsauswertung und der anschließenden Bietergespräche wurde deutlich, dass mehrere Bieter wirtschaftliche, technische und funktionale Vorteile im Abriss und Neubau der eigentlich zur Sanierung vorgesehenen Ein-Feld-Sporthalle sahen. Aufgrund des Verhandlungsverfahrens konnte die Gemeinde nach interner Beratung diskriminierungsfrei und transparent die Möglichkeit eines Sporthallenneubaus in das weitere Verfahren integrieren.
„Bei der Vertragsunterzeichnung im Dezember 2013 gab es noch kritische Stimmen in der Gemeinde, die es für zu schön um wahr zu sein hielten“, erinnert sich Baldur Neubauer, Fachbereichsleiter technische Dienste und Projektleiter der Gemeinde. „Unter 15 Mio. Euro Pauschalfestpreis statt der ursprünglich erwarteten 15,7 Mio. Euro, in vielen Bereichen Neubauten statt Sanierung und weniger als 2 Jahre Bauzeit.“
Das Konzept des beauftragten Bieters sah eine bauabschnittsweise Realisierung vor, die ein mehrfaches Umziehen der Schule und die Unterbringung in Interimscontainern vermied.
Knapp 5 Monate nach dem Spatenstich wurde bereits die neue Sporthalle in Betrieb genommen. Nach weiteren 6 Monaten konnten termingerecht die Mensa, der Ganztagsbereich, die Aula und die Fachunterrichtsräume übergeben werden. Die Sanierungsmaßnahmen waren 23 Monate nach Vertragsunterzeichnung und 19 Monate nach dem Spatenstich abgeschlossen.
Kostensteigerungen waren mit Ausnahme auftraggeberseitig bedingter Anpassungen – z. B. des nachträglichen Einbringens eines BHKW – nicht zu eingetreten.
„Für die Gemeinde Engelskirchen ist das neue Aggertal-Gymnasium in jeder Hinsicht ein tolles Ergebnis! Das Interesse benachbarter Kommunen an dem gewählten Realisierungsweg zeigt, dass die seinerzeit getroffene Entscheidung für eine Gesamtvergabe richtig war. Die Integration der Bauunterhaltungsleistungen stellt auch für die kommenden Jahrzehnte eine hohe bauliche Qualität und Nutzerfreundlichkeit zu fest planbaren Kosten sicher.“ so Baldur Neubauer.
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